Seit kurzem bin ich verheiratet. Aber schon viele Jahre vorher fing ich an, Ehebücher zu lesen – klingt verrückt? Fand ich zumindest damals, als ich ein Buch rezensieren sollte – und erst bei Ankunft des Buches realisierte, dass es um Ehe geht. Warum soll ich als Single, der noch gar nicht ernsthaft nach einer Beziehung suchte, mich damit beschäftigen? Aber als ich dann anfing, es zu lesen, veränderte es meine Vorstellung davon, wie eine gute Ehe aussieht, und warum es sich lohnt, dafür Zeit und Energie zu investieren.
Dieses Buch sagt sogar im Vorwort, dass es explizit für Singles geschrieben ist – Timothy Keller war Pastor einer Gemeinde, die größtenteils Singles hatte, und hatte dort eine Predigtreihe über Ehe gehalten. Ich liebe dieses Buch, so sehr, dass ich es gleich mehrmals hintereinander gelesen habe. Wenn du nur ein Buch über Ehe lesen möchtest, nimm dieses.
Keller konfrontiert Vorurteile über Ehe mit gesellschaftlichen Studien, mit biblischen Überlegungen und bringt praktische Beispiele dazu. Genial! Und vor allem: er zeichnet ein brutal realistisches, und gleichzeitig anziehendes Bild, um was es bei Ehe geht.
Zum Beispiel:
Wenn zwei Ehepartner einen Tag miteinander verbringen, kann sich die Frage, wer das Vergnügen bekommt und wer nachgibt, alle paar Minuten stellen. Und dann gibt es 3 Möglichkeiten:
– Du kannst dem Anderen mit Freude deinen Dienst anbieten
– Du kannst dieses Angebot kaltherzig oder mit Widerwillen machen
– Oder du kannst selbstsüchtig auf das bestehen, was du willst.
Nur dann, wenn beide Partner häufig auf die erste Art darauf reagieren, kann die Ehe aufblühen. Aber wie schwer das ist!Im Original: If two spouses are spending a day together, the question of who gets each’s pleasure and who gives in can present itself every few minutes. And when it does, there are 3 possibilities: You can offer to serve the other with joy, you can make the offer with coldness or resentment, or you can selfishly insist on your own way. Only when both partners are regularly responding to one another in the first way can the marriage thrive. But how hard that is! (Timothy Keller, The Meaning of Marriage, p. 54)
Was ich von dem Buch vor allem gelernt habe: bei Liebe geht es wirklich um mein ganzes Leben. Es klingt echt anstrengend – aber es lohnt sich total.
In dem ganzen Prozess, in dem meine Beziehung zu Lydia gewachsen ist, und auch jetzt, waren die Worte dieses und anderer Ehe-Bücher wichtige Impulse, die meine Vorstellungskraft geprägt haben: wie ist Liebe, konkret ausbuchstabiert? Wie kann ich liebevoll reagieren, wenn ich eine Antwort höre, die nicht dem entspricht was ich mir wünsche? Wie kann ich eine geduldige und dienende Haltung leben? Etc.
Jemand sagte: „Schreibe deine Liebesgeschichte so, dass du sie deinen Enkeln erzählen willst.“ Lydia und ich erzählen unsere Liebesgeschichte sehr gerne! Sie war nicht perfekt, aber immer wieder ist Gottes Liebe und Gnade in unserer Beziehung deutlich sichtbar geworden.
Nach unserer Hochzeit fragte uns einmal ein Single: „Was ist das Schönste daran, verheiratet zu sein?“ Und meine Antwort war: Dass wir einander Gnade geben können, immer und immer wieder. Wir kommen immer wieder an unsere Grenzen – z.B. an die Grenzen unserer Kraft, ich bin schusselig und etwas geht kaputt, oder ich spüre dass meine Persönlichkeit ihr gerade auf die Nerven geht. Jetzt, da man so eng zusammen lebt, spürt man noch deutlicher, wo man noch so seine Baustellen hat … Und dann ist es so befreiend zu erleben, dass Lydia mir immer wieder vergibt und die Freiheit gibt, ich selbst zu sein. Das macht mutig, mich selbst als wertvoll zu behandeln. Und das alles ist nur möglich, weil wir beide aus der unendlichen Gnade Gottes schöpfen. Irgendwie hört er wirklich nie auf, uns zu lieben. Und mit dieser bedingungslosen Liebe wollen wir lernen, einander zu lieben.