„Technology incorporates worldview, because it is designed to solve a set of problems“
„Technik beinhaltet Weltanschauung, weil sie entworfen wurde, um bestimmte Probleme zu lösen.“
(John Dyer, „From the Garden to the City“, 2011)
Werkzeuge sind Dinge, mit denen wir unsere Fähigkeiten erweitern. Wir können uns bewegen, und mit dem Auto können wir uns schneller bewegen; wir können kommunizieren, und mit dem Telefon können wir über Kilometer hinweg kommunizieren; wir haben ein Zeitgefühl, und die Uhr hilft uns, dabei im Gleichtakt mit anderen zu bleiben.
Technik hat darum sehr viel mit Weltanschauung zu tun: welche Probleme sind uns so wichtig, dass wir kreativ neue Lösungen suchen? Und wie bei Kultur ist der Großteil der Technik, die wir verwenden, uns so geläufig, dass wir nicht über die eingebauten Werte nachdenken.
Zum Beispiel: Was ist die Philosophie hinter einem Türschloss?
Fragen, die uns dabei helfen können:
Wie würdest du dich fühlen, wenn es keine Türschlösser gäbe?
Wie hat sich diese Technik historisch entwickelt, und warum?
Auf welche Art kann ich überprüfen, ob die Technik funktioniert?
Welches Problem versucht die Technik zu lösen?
Wie könnte eine konsequente Weiterentwicklung in der Zukunft aussehen?
Wie wird die Realität anhand dieser Technik wahrgenommen, existiert eine geistliche bzw. nicht-materielle Welt?
Und schließlich:
Was ist der wichtigste Wert, der in dieser Technik ausgedrückt wird?
Das Schloss vermittelt Sicherheit, vor Dieben, Gewalttätern und unerwarteten Unterbrechungen. Es trennt eine Sphäre des Privaten von einer öffentlicheren Sphäre. Diese Grenze darf nur von den Personen übertreten werden, die entweder natürlich oder temporär dazugehören, also entweder weil sie einen Schlüssel haben (Familie) oder weil sie reingelassen wurden (Besucher). Früher wurde diese Aufgabe von Wächtern erledigt; durch das Türschloss musste man nicht mehr reich sein, um diesen Schutz zu empfangen. Gleichzeitig ging dadurch aber auch der Beziehungsaspekt verloren: das Vertrauen, das vorher Personen geschenkt wurde (entweder den Wächtern oder den Nachbarn), wird jetzt diesem Ding entgegengebracht. Außerdem kann ein Türschloss nur vor materiellen Gefahren beschützen (zum Vergleich: in China haben Hauseingänge eine Schwelle, damit die Geister darüber stolpern).
In die Zukunft gedacht könnte diese Haltung dazu führen, dass die öffentliche Sphäre wie bei einem Computerspiel in verschiedene, durch Türen getrennte Bereiche geteilt wird; und jeder kann nur genau dorthin, wo er auch ein berechtigtes Anliegen hat: in Richtung Turnhalle kann er nur dann, wenn er auch beim Sport angemeldet ist usw. Dieses Verfahren wird in Hochsicherheits-Gebäuden und Computerprogrammen bereits eingesetzt. Der Schlüssel könnte als Chip implantiert werden, so kann er weder verloren gehen noch geklaut werden, und man kann die Zugangsberechtigungen beliebig oft verändern. Auf diese Weise wird die Gefahr des Fremden minimiert. Es wäre vorhersagbar, strukturiert, steril und … langweilig. Unkommunikativ. Die Vielfalt der Alltagsbegegnungen wäre deutlich geringer.
Vielleicht kann man die Philosophie des Türschlosses also so zusammenfassen: ich muss mich vor anderen Menschen schützen.
(© Photo by Håkan Dahlström – CC BY 2.0)