Manche Texte müssen wir in einem neuen Gewand hören, damit wir kapieren, wie revolutionär sie ursprünglich waren. Ich denke, das gilt auch für die Schöpfungsgeschichte: sie ist fundamental für das jüdisch-christliches Weltbild, und doch haben wir uns schon so an ihren Klang gewöhnt …
Im Anfang schuf Gott die sichtbare und unsichtbare Welt:
Die Erde war chaotisch und einförmig, und durch und durch dunkel, und überall Geist Gottes.
Und Gott sprach: „Licht, werde!“ Und es geschah. Und Gott trennte das Licht von der Finsternis, das Oberhalb und Unterhalb des Horizontes, das Trockene von dem Wasser.
Und Gott betrachtete sein Werk: gut.
Und Gott sprach: „Pflanzen, werdet!“ Und es geschah. Und er stattete sie mit der Fähigkeit aus, sich selbst zu vermehren.
Und Gott sprach: „Zeit, werde!“ Und es geschah. Und er setzte Sterne und Mond in ihre Umlaufbahnen, damit die Menschen in Raum und Zeit navigieren können.
Und Gott sprach: „Tiere, werdet!“ Und es geschah. Und er entwarf große und kleine Tiere, Wassertiere und Lufttiere, und Landtiere, und er gab ihnen den Auftrag, sich zu vermehren.
Und Gott betrachtete sein Werk: gut.
Und Gott sprach: „Wir wollen Menschen machen, die uns repräsentieren! Ihnen wollen wir unsere Macht delegieren über die Tiere und die ganze Erde.“ Und so machte Gott es. Er schuf den Menschen männlich und weiblich, als Mann und Frau, als Abbild seines Wesens. Und Gott sprach: „Ihr, Mann und Frau, seid meine Auserwählten. Vermehret euch, und herrscht über die ganze Erde in meinem Auftrag. Für eure Speise habe ich Kräuter und Obst gemacht, für die Tiere Gras.“
Und Gott betrachtete sein Werk: sehr gut.
Fertig. Es ist vollbracht. Auf diese Weise hat Gott die sichtbare und unsichtbare Welt fertiggestellt.
Und Gott machte eine heilige Pause. Darum soll jeder siebte Tag eine heilige Pause sein: denn sechs Tage lang schuf Gott, aber am siebten ruhte er aus.