Adrian Plass: Der Besuch

In diesem kurzem Roman geht es um die Frage, was wäre, wenn Jesus in die heutige Zeit kommen würde. Würden wir ihn erkennen? Was hat er zu uns „modernen“ Menschen zu sagen? Der Erzähler, Vorstehender einer Kirchgemeinde, begleitet Jesus als Manager und Freund, und kämpft dabei vor allem mit seinem eigenen Gottesbild. Dass Jesus doch nicht der nette, brave, „gezähmte“ Jesus ist. Sondern: verplant (aus Sicht des Erzählers jedenfalls), unvorhersehbar, und vor allem: radikal liebend. Ein Homosexueller möchte mit ihm sprechen, aber statt fand nicht, wie der Erzähler erwartete, ein Seelsorgergespräch, sondern ein Billiardspiel. Und als er in einer Gemeinde zum Predigen eingeladen war, entdeckt ihn plötzlich ein Kind im Publikum (ein geistig behindertes Kind, mit dem Jesus schon viel Zeit verbracht hat), und läuft voller Freude zur Kanzel. Und er geht – zur Entrüstung der Anwesenden – nachdem er sie geknuddelt und der Mutter zurückgebracht hat, einfach zur Tür heraus. „Jesus! Die Leute haben eine richtig gute Predigt erwartet!“ – „Sie haben eine noch bessere bekommen.“

Ja, ja, das fasziniert mich auch immer. Jesus, der Lehrer, der eigentlich mehr Fragen stellt, als Antworten zu geben. Der Menschen einlädt, nicht nur mitzudenken, sondern auch mitzumachen. Wenn Jesus sagt: „Lass alles stehen und liegen, und komm mit mir!“ ist das eine Form von Interaktivität, die unsere Vorstellung von interaktiven Gottesdienstgesprächen weit in den Schatten stellt. Gut, vielleicht wirkt es auch nur so, weil die Bibel wahrscheinlich hauptsächlich die besonders wichtigen Momente erzählt (so wie die Leute im Film immer nie aufs Klo müssen), aber er schaffte es so oft, Leben zu verändern, indem er sich voll auf sie eingelassen hat.

Sehr empfehlenswert: typischer Adrian-Plass-Humor, viele Gedankenanstöße, und dank der erzählerischen Form leicht zu lesen.

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