Das Bergdorf und sein Bürgermeister

But me He caught — reached all the way
from sky to sea; He pulled me out
Of that ocean of hate, that enemy chaos,
the void in which I was drowning.
They hit me when I was down,
but God stuck by me.
He stood me up on a wide-open field;
I stood there saved — surprised to be loved!

(2. Samuel 22, 17-20 The Message Bible)

Ja, er hat mich „erwischt“. Wider aller Verzweiflung, Depression, Aggression, Chaos; trotz aller Theorien, Modelle und modernem Gedankengut; und nicht aufgrund von Freunden, Familie und sogar der Kirche. Er selbst war es, der die Fragen meines Herzens ins Licht rief; und nur er konnte auf diese eine zufriedenstellende Antwort geben. Er ist die Antwort.

(Ui, das war lyrisch. War das auch verständlich? Eher nicht. Probieren wir es mal mit Prosa.)

Es war wie … (Kinder, kommt mal alle her, ich möchte eine Geschichte erzählen! Hört mal gut zu.)
… ein Dorf in einer Ebene. (So mit Kühen und Bauern und Marktplatz und so. Nein, es gibt keine lila Kühe, wir können ja mal einen Ausflug machen.) Keiner interessierte sich für dieses Dorf, aber immer wieder fegten Kriege über es hinweg: es lag an einer Handelsstraße. Aber über die Jahre wurden die Berge um das Dorf immer höher und unbegehlicher. So wurde es isoliert, und nicht viele bekamen die wichtige Änderung mit: es bekam einen Bürgermeister. Nein, bisher lebten die Dorfeinwohner größtenteils friedlich, aber jeder für sich alleine vor sich hin; sie waren der Meinung, dass ein Vorsteher nicht nötig sei, denn Überleben lässt es sich auch so. Eines Tages jedoch kam ein Fremder über die Berge, fragte nach einem Gästehaus – wie, er möchte länger hier bleiben?? – und da der Stammtisch meist leer war, traf er die Bewohner, wo sie waren: auf dem Feld, zu Hause, beim Brunnen … Sie verstanden seine Worte nicht. Leben, was ist das? Wir sind doch nicht tot, wir leben doch! Und dennoch ließ er sich davon nicht frustrieren, und nach und nach gelang es ihm, einen Hauch der Ewigkeit in ihnen zu pflanzen. Durstig nach mehr kamen sie immer wieder auf ihn zu, und wieder verstanden sie kein Wort, aber fühlten sich innerlich gestärkt.

Bis zu dem großen Tag, an dem im Dorf eine neue Zeitrechnung begann. Es begann ganz unscheinbar: ein kleiner Junge (ja, ungefähr so alt wie du, Mark) schlug vor, komm, wir gehen auf den Marktplatz, alle zusammen, und warten auf den Fremden. Wozu? Einfach so. Wir werden warten, was er uns zu sagen hat, vielleicht erklärt er uns ja, warum er zu uns gekommen ist, vor einem Jahr.

Gesagt, getan. Es dauerte natürlich ein bisschen, bis das Dorf zusammengetrommelt war. Aber stellt euch die Atmosphäre auf dem Marktplatz vor: statt dem üblichen Getratsche lauschten sie nur. (Seid mal ganz still, vielleicht hört ihr dann auch was.) Zum ersten Mal seit langer Zeit hörten sie die Vögel, sahen den Schnee in den Bergen, fühlten die Sonne in ihrem Gesicht. Sie warteten.

Und tatsächlich, der Fremde kam. Alle Augen sahen auf ihn, aber diesmal sprach er kein Wort. Statt dessen, wie bitte? echt?, ging er auf jeden Einzelnen zu und umarmte ihn. (Bei ihnen war das noch unüblicher als bei uns. Sie waren schockiert, überrascht, und irgendwie … begeistert.) Und plötzlich kam ihnen der Gedanke: „Ach so, jetzt weiß ich, wofür ich lebe … um geliebt zu werden, und zu lieben.“ Sie sahen weiter in die Augen des Fremden. Den Titel „Bürgermeister“ bekam er erst 3 Monate später (diese Geschichte ist auch ganz spannend), aber ab diesen Tag gaben sie ihm das Vorrecht. Sie versuchten, ihm seine Wünsche an den Augen abzulesen. Wüssten die Dorfbewohner, was ein König ist, hätten sie ihn wohl so genannt; fremd war er ihnen nun nicht mehr. Also nannten sie ihn „Bester Freund“, „Vater“ (ehrenhalber), oder manchmal sogar „Geliebter meiner Seele“. Er lächelte immer, wenn er diese Namen hörte; scheinbar war es ihm nicht unangenehm, sonst hätte er ihnen seinen richtigen Namen genannt. Aber vorerst kümmerte er sich mehr darum, aufbauend auf diesen einen, simplen Gedanken (wofür sie leben), ihnen Dinge über das Leben und die Welt zu erklären.

Und gerne verbrachten die Einwohner Zeit mit ihm. Stück für Stück lernten sie, und Stück für Stück veränderte sich etwas im Dorf: aus Eigenmotivation produzierten sie nun, so viel wie möglich, nicht so viel wie nötig; und da nun Überfluss herrschte, musste man nicht mehr um einen guten Tauschhandel feilen, sondern verschenkte großzügig, was man hatte — auch an Durchreisende. Die Schüler strengten sich an, weil es ihnen nicht mehr um Durchfallen oder Weiterkommen, sondern um Neugier und Herausforderung ging. Sklaverei wurde als dem „Freund“ unwürdig erachtet und darum abgeschafft.

Und als viele Jahre später das Dorf wieder von außen zugänglich wurde, weil eine Straße gebaut worden war, staunte man über den Glanz des Dorfes. Verwundert fragte man sich: Was hat es so verändert? Und die Dorfbewohner antworteten immer nur: wir haben es verstanden. Es? Und der Bürgermeister meinte nur: Ja, da haben sie ganz recht.

(Na, was meint ihr. Womit haben die Bewohner recht? Was genau haben sie denn verstanden? … Habt ihr eine Idee? … Ok, ich flüster es euch ins Ohr: „Du bist wertvoll.“)

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