Der Tag, als die Sonne nicht aufging (Teil 2)

(Teil 1Teil 3)

Jetzt, als die Sonne wieder schien, nahm die allgemeine Anspannung wieder ab. Natürlich redete man in der Mittagspause über nichts Anderes: diese verrückten Wissenschaftler behaupten doch tatsächlich noch, dass heute der letzte Tag unseres Lebens wäre. Das hatten schon viele Sekten vor ihnen gesagt, und nie ist es eingetroffen. Bestimmt sind die einfach nur Freimaurer oder Amerikaner. Mir brummte der Kopf und ich beschloss, nach Hause zu gehen.

– Komm, wir überfallen eine Bank.
– Eine Bank überfallen? aber das ist verboten!
– Na und?
– Hast du nicht vergessen, dass heute Abend alle tot sein werden?– Eben. Wenn alle tot sind, kann mich auch keiner bestrafen.
– Aber du landest im Gefängnis?
– Und wenn schon! Die paar Stündchen … hier, ich hab uns Pistolen mitgebracht.
– Wie, echte Pistolen?
– Na klar sind die echt, was denkst du denn … dass ich mit Wasserpistolen in die Bank stürme?
– Warum willst du es denn überhaupt tun?
– Warum nicht? So ein bisschen Reichtum kann nie schaden.
– Aber angenommen, du rennst mit 2 Millionen raus. Was machst du damit?
– Ich kauf mir eine Yacht, noch größer als die von Bill Gates.
– Und dann machst du eine 2-stündige Kreuzfahrt?
– Nein, dann raub ich die andere Bank noch aus.
– Das ist doch Quatsch, gib mir die Pistolen und lass das Ganze sein.
– Aber ich wollte schon immer mal ’ne Bank ausrauben! Ein bisschen Spaß darf man doch noch haben …
Als sein Freund versuchte, ihm die Pistole abzunehmen, fiel er plötzlich um, Blut strömte aus seinem Kopf. Ich glaub ich spinn. Bin ich in einem schlechten Film gelandet?
– Was gaffst du so blöd?
Schnell huschte ich davon. Ein Häuserblock weiter versuchte ich, die Polizei zu erreichen, aber keiner hob ab. Als ich kurz darauf bei einer Bank vorbei kam, war diese verschlossen – sogar der Geldautomat war abgeschaltet. „Sicher ist sicher“, werden sie sich wohl gedacht haben, „um Kundenfreundlichkeit können wir uns morgen wieder kümmern.“ Oh, da hängt sogar ein Zettel: „Aufgrund Betriebsfeier heute Nachmittag geschlossen. Wir freuen uns, Sie morgen wieder begrüßen zu dürfen.“

Fast zu Hause. Nur noch eine Ampel, dann sind es nur noch Sträßelchen bis zu unserem Haus. Aber über die Ampel zu kommen war schwieriger als gedacht: die Autos rasten munter vor sich hin, als wäre ich und die Ampel non-existent. Huup! Tschuldigung, ich wollte nur über eine grüne … ist ja gut! Da, es bleibt tatsächlich stehen und winkt mir freundlich. Eingeschüchtert bewegte ich mich auf die Straße, lauernd, ob es doch nur ein Späßle mit mir treiben will. Doch da: Huup Huuup! Kam das nicht von weiter weg? Huuuuup! macht es noch einmal, und das stehende Auto wurde überholt… Da, eine Silvesterrakete! 2 Böller! … Die Autos waren zum Stehen gekommen, manche freiwillig, manche eher unfreiwillig, vor allem die in der Mitte: als würden sie sich innig küssen. Die Fahrer sahen sich entgeistert an wie Raubtiere, die sich aufeinander stürzen wollten, dabei aber von der Eiszeit überrascht wurden.

„Hallo Schatz, weißt du schon das Neueste?“, schallte es mir entgegen, als ich den Schlüssel aus dem Schloss zog. Wortlos ging ich in die Küche. Lisa kommt mir hinterher und schaut mir in die Augen:
– „Was ist los mit dir? Musst du nicht arbeiten?“
– „Du willst nicht wissen, was ich auf dem Heimweg alles erlebt hab.“
– „Erzähl doch mal.“
– „Wie gesagt, du willst es nicht wissen.“
– „Ich mache mir Sorgen um meinen Sohn. Ich versuch ihn schon eine Stunde lang zu erreichen, aber er geht nicht an sein Handy. Ich probier’s nochmal.“ und verschwand in Richtung Telefon.
Ich schaltete den Herd und und setzte einen Topf darauf. Aber das Öl wollte irgendwie nicht warm werden.
– „Ist unser Herd kaputtgegangen?“
– „Du brauchst nicht kochen, die Kinder haben doch eh bis um 3 Schule.“
– „Ich möchte jetzt etwas kochen.“
– „Schon gut, mach nur. Ich hätte jetzt einfach nur Stulle gemacht.“
– „Achso, ja, Brotzeit. Nein, ich wollte schnell was Warmes machen, aber der Herd geht nicht.“
– „Der Herd geht nicht?“
– „Probiers doch selbst.“
Sie drehte einige Knöpfe … „Vielleicht ist auch nur das Lämpchen kaputt?“ Ich hatte einen anderen Verdacht, und machte den Kühlschrank auf: kühl, aber kein Licht. Auch der Lichtschalter blieb effektlos. „Stromausfall.“
– „Das hatten wir jetzt schon 2 Jahre nicht mehr. Dann gibt es eben doch nur Stullen.“

Weiter zum Teil 3…

2 Gedanken zu „Der Tag, als die Sonne nicht aufging (Teil 2)

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