Alles für Einen – Einer für Alle

Dies ist die Geschichte eines Gemeindemitgliedes. Nennen wir ihn Johann. Er ging regelmäßig in die Gemeinde, diente ehrenamtlich, und bis zu jenem Tag hätte jeder ihn als einen „guten Christen“ beschrieben: freundlich, hilfsbereit, und was sonst noch alles so dazugehört. Aber dann wurde er aus der Gemeinde ausgeschlossen. Warum? Ich will es dir erzählen.

Eigentlich fing es ganz banal an. Ein Streit eskalierte, und die Hierarchie war klar: die Frau war das Problem, weil sie die Leiterschaft kritisiert hatte. So wurde es zumindest von der Moderation im Gottesdienst dargestellt. Daraufhin ging Johann zu dem Gemeindeleiter und sagte zornig, aber ruhig: „Das geht so nicht. Das könnt ihr nicht machen. Gott hat ihr eine Würde gegeben, die ihr nicht verletzen könnt.“ Da der Gemeindeleiter den Konflikt nun nicht länger demonstrativ ignorieren konnte, machte er Johann zum Schuldigen. Und nach einiger Diskussion gab es ein ernstes Gespräch: „Raus! Lass dich nie wieder hier blicken!“

Mit aufrechtem Haupt verließ Johann den Raum und hielt sich tatsächlich der Gemeinde fern. Aber nur wenige Wochen später kamen die unterschiedlichsten Gemeindemitglieder zu ihm, weil ihre Herzen zerrissen waren und sie auf einen guten Rat hofften. Johann konnte ihre Probleme nicht lösen, aber er hörte zu, und er betete für sie. Und so bekam er einen guten Ruf in der Gemeinde.

Aber als die Gemeindeleitung einsehen musste, dass dies mehr als ein temporärer Trend war, wurde sie eifersüchtig. Am liebsten würden sie ihn umbringen lassen … aber wie, ohne dass der Rest der Gemeinde es mitbekommt? Also schickten sie Repräsentanten, um ihm auszurichten: „Das sind unsere Schafe. Sprich kein Wort mit ihnen.“ Aber er antwortete: „Alle Schafe gehören Gott.“ Und er fuhr fort, ihre inneren Wunden zu verbinden.

Einige Monate später gab es Gerüchte, dass sie ihre Elite-Einheit ausgesendet haben: die Sportschützen. Mit den Auftrag, ihn heimlich zu töten, wenn keiner es sieht. Johann und ein paar seiner engsten Freunde flohen in die Berge. Aber dort fanden ihn die Schützen, schafften es, ihn zu verwunden, aber töten konnten sie ihn nicht.

Wieder ein Monat später tauchte Johann wieder in seiner Herkunfts-Stadt auf. Die Leute erkannten ihn und hatten Angst: Der Elitetrupp ist ihm doch auf den Fersen, oder? Aber ein paar Mutige aus der Gemeinde kam zu ihm und fragte: „Wohin gehst du?“ Er sagte: „In die Freiheit, die Gott schenkt.“ Und sie deuteten in eine Richtung: „Dann hier entlang.“ Und plötzlich standen sie vor den Gemeinderäumen. Für den Fall, dass ein Gemeindeleiter gerade da ist, dachten sie sich folgende Strategie aus: sie nahmen ihm den Rucksack ab und führten ihn wie einen Gefangenen hinein.

Da stand Johann also, und die anderen um ihn herum, aber mit etwas Abstand. „Meine lieben Kinder…“ Betretenes Schweigen. Er versuchte, sie zu ermutigen, aber keiner traute sich zu antworten. Einer sieht aus dem Fenster: da, die Leitung kommt! Aber sie liefen an der Gemeinde dabei, suchten woanders, und die Gemeinde stellte sich so um den Gefangenen, dass er in der Menge unterging.

Wieder gab es einzelne Mutige; sie brachen zwar nicht das Schweigen, aber brachten ein Stück Brot und einen Becher Wein. Sie stellten es demonstrativ vor die Füße von Johann. Er lächelte zurück. Aber anstatt das Abendmahl auszuteilen, erklärte er ihnen noch einmal die Botschaft von Gottes Liebe.

Einer der leitenden Mitarbeiter, der zurückgeblieben war, kam ins Nachdenken. Er fragte: „Ich bin doch Apostel, eingesetzt von Anfang der Zeit?“ Johann sah ihn gütig an. Er spürte seine eigentliche Frage: ‚Wenn ich mich auf dich einlasse, wenn ich bei dir mitmache, werde ich dann immer noch diese Macht haben?‘ Und Johann schüttelte langsam den Kopf. „Diese Diskussionen hatten wir schon damals …“ Er deutete auf das Abendmahl. „Ich predige von der Gemeinschaft der Sünder. Die alles entscheidende Frage ist: Bist du ein Sünder?“ Der Mitarbeiter war überrascht: Sünder? Er? Kurz darauf verfinsterte sich sein Gesicht. „Du willst sagen, dass ich damals einen Fehler gemacht habe? Dass es falsch war, gegen dich zu stimmen?“ Johann schwieg und schaute ihm in die Augen. Dann nickte er. Der Älteste schrie: „Das ist ein Gotteslästerer! Ergreift ihn!“ Umstehende hielten Johann fest und führten ihn in einen dunklen Raum.

An jenem Tag musste Johann sterben. Aber seine Botschaft lebte weiter – bis heute.

„Nun ist es ja schon unwahrscheinlich genug, dass jemand sein Leben für einen unschuldigen Menschen opfert; eher noch würde man es vielleicht für einen besonders edlen Menschen tun. Gott hingegen beweist uns seine Liebe dadurch, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren.“

(Römer 5, 7-8)

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